Montag, 9. April 2012

Laufbahn-Modell zur ordnungsgemäßen Triebabfuhr, Teil 3

Nun also Lektion 3 unserer kleinen Reihe. Langsam aber sicher wird der Schwierigkeitsgrad hier angezogen, was aber Ihre Erfolgsaussichten nicht schmälern sollte, da Sie auf die heutige Aufgabe durch Ihre bisher erworbenen Kompetenzen bestens vorbereitet sind. Wir werden uns heute von der strikt schematischen Herangehensweise der ersten beiden Lektionen ein wenig lösen und auf mittelschwer vorhersehbare zwischenmenschliche Konstellationen treffen. Der Zweck wird daher im Folgenden sein, in einer nicht eindeutig einschätzbaren Situation die richtige Zielpersonen ausfindig zu machen und entsprechend zu bearbeiten.


Laufbahn-Modell zur ordnungsgemäßen Triebabfuhr, Teil 3
Heute: Spezialgrundausbildung

Einsatzgebiet: Besuch eines urban ausgerichteten Nachtclubs

Zu erreichende Kompetenz: Genaue Freund-Feind-Erkennung bei unklarer Gefechtslage

Dienstgrad bei erfolgreichem Absch(l)uss: Phallus-Feldwebel




 Hanky-Code in der Praxis
Basics: Bevor wir uns ins Abenteuer stürzen, seien vorher nochmal kurz die Grundlagen der kommenden nächtlichen Initiation geklärt:

1.) Wir sind im bisherigen Verlauf unserer Laufbahn ein gutes Stück vorangekommen, haben Ihnen aber eine Kleinigkeit verschwiegen: Sämtliche Vertreter der Damenwelt traten uns in den vorangegangenen Folgen lediglich als willenlose Objekte, ja quasi sexuelle Verfügungsmasse entgegen. Das mag für die bis hier abgehandelten Jagdreviere, Ü-30-Party und Sky-Sports-Bar, auch durchaus so zu verifizieren sein. Dieses waren aber Kriegsschauplätze in geistig eher dörflicher Atmosphäre, selbst wenn die abgearbeiteten Gebiete physikalisch in städtischer Umgebung lagen. Mit dem jetzigen Eintritt in wirklich urbane Gaststätten haben wir es nun aber auf der zwischenmenschlichen Ebene mit modern ausgerichteten Gedankenstrukturen zu tun, die die Handlungen der Damenwelt und damit den genauen Ablauf der Nacht etwas anders steuern. In eben solchen Feierbetrieben werden Sie nun auf Weibsvolk treffen, dass weitestgehend (und jetzt schnallen Sie sich bitte an) Wert auf einen eigenen Willen und unbedingte Selbstbestimmung in der Paarungswahl legt. Diese Damen sehen den Geschlechtsakt nicht als unausweichliches Schicksal zur Ruhigstellung maskuliner Bedürfnisse an, sondern verfügen über handfeste eigene und vorallem lebensbejahende libidinöse Interessen. Ergo gilt es nun, sich etwas intensiver ins Schaufenster zu stellen und dabei genauer abzuwägen, wer denn alles in den engeren Zirkel für den QUALITATIVEN Austausch von Körpersäften kommt. Sie merken, dass die Zeit der sexuellen Selbstläufer ab jetzt unwiderruflich vorbei ist. Die femininen Wesen sind auf Stufe 3 nicht mehr mit überbordender Männlichkeit zu packen, sondern fordern nach einer serviceorientierten Sexualmoral. Sie müssen deshalb schon mit Ihrem Auftritt klarmachen, dass sie in Bezug auf Koitus-Praktiken die Bereitschaft zum Liefern haben, bevor die Dame ihrerseits aktiv ins Geschehen eingreift. Ihre bisherige erfolgsversprechende Aura, welche nonverbal besagte, dass Sie nicht selbst runterholen, sondern onanieren lassen, hat demzufolge auf diesem Level nur noch erotische Bremswirkung. Eher werden Sie Alice Schwarzer als Fluff-Girl in einer Bondage-Produktion erleben, als dass die bisher vollzogene Macho-Nummer im angesagten Nachtclub einer Universitätsstadt noch irgendwelche Erfolgserlebnisse hervorruft. Wer also seinem Wasserbett heute Abend ohne Aufpreis eine signifikante Zuladung an weiblichem Menschenmaterial zumuten möchte, der sollte sich diesen neuen Gegebenheiten zwingend anpassen !   

2.) Wir sprachen bereits in der letzten Folge über Homophobie in eigentlich für gleichgeschlechtliche Liebe prädestinierten Gebieten. Vielleicht lässt sich eine solche dubiose Hass-Haltung auch mit Neid auf den in schwulen und lesbischen Kreisen sehr beliebten „Hanky-Code“ erklären. Diese Kleidungs-Semiotik regelt in den einschlägigen Etablissements optisch auffallend und für jeden leicht nachvollziehbar, wer sexuell was anzubieten hat oder sucht. Heißt in der Praxis: Wer auf Homo-Partys ein himmelblaues Taschentuch in der linken Hosentasche stecken hat, würde bei zwischenmenschlicher Stimmigkeit gerne aktiv zur Fellatio ansetzen. Wer hingegen rechtsseitig altrosa trägt, stellt beim allseits beliebten Tittentrim unentgeltlich das zu bearbeitende Material zur Verfügung. Dieses optisch leicht verständliche Flaggen-Alphabet für Beischlafinteressenten existiert ansatzweise auch in manchen heterosexuellen Geschäftsstellen, ist hier aber bezüglich eindeutiger Zeichen leider immer noch die große Ausnahme. Ergo müssen Sie als von der eigenen Libido durchgepeitschter Lustmolch heute unterwiesen werden, welche informellen Kleidungs- und Verhaltens-Codes bestehen. Denn bei Nichtbeachtung der folgenden Regeln laufen Sie zwangsläufig Gefahr, den ganzen Abend in eine Dame hinein zu investieren, die am Ende wirklich nur das lockere Gespräch in geselliger Runde gesucht hat. Und wer betankt bei den heutigen Spritpreisen schon gerne seinen Schlitten randvoll, um bei der anvisierten Weiterfahrt zu merken, dass er seinem Benziner die volle Ladung Diesel gegeben hat und nun nichts mehr auch nur einen Meter vorwärts geht. 

Die berüchtigte "Treppe der Ungefickten"
3.) Ganz wichtig übrigens: Ehre, Ehre, Ehre ! Das einzige männliche Attribut, was jetzt noch zählt, allerdings in leicht abgewandelter Form zur landläufigen Definition. Das heißt zum einen: Heute Abend dürfen keine vollends besoffenen Weiber auf der Abschussliste stehen ! Sicherlich ist exzessiver Alkoholkonsum DER ultimative Dosenöffner, dass sollte DIE Binsenweisheit schlechthin sein. Aber wir wollen zum einen den Abend mit Niveau zu Ende führen und zum anderen suchen wir ja eine Herausforderung. Verinnerlichen Sie sich, dass wir bereits auf Stufe 3 des Laufbahnmodells stehen. Wer jetzt immer noch den gepflasterten Weg sucht, wird spätestens auf der Schlaglochpiste des nächsten Levels komplett überfordert sein. Und es geht schließlich auch ein wenig um Anerkennung ! Wenn Sie wirklich vor dem Bekanntenkreis eine anständige sexuelle Credibility aufbauen wollen, braucht es ab hier nur noch zielgerichtete Bombentreffer auf kriegswichtigem Gelände und keine unschönen Kollateralschäden. Schließlich würden Sie auch zu Recht auf jeder anständigen Jagd ausgebuht, wenn alle Waidmänner jeweils eine kapitale Hirschkuh aus dem Wald schleifen, während Sie ein rollstuhlfahrendes Rehkitz auf den Sammelplatz legen. Oder wie es der ehrenhafte Hubertuszirkel folgerichtig ausdrückt: „Besonders unwaidmännisch ist jener Jäger, (..), der das Wild blendet, der sich an keinen Kodex hält und dem es nur um das Fleisch geht."

Zum anderen sei für diesen Punkt noch folgendes vor das Auge geführt: Wer gänzlich ohne Würde an den heutigen Abend herantritt, wird zur Prime-Time gnadenlos und mit Recht von den dignitäts-affinen Mädels ins Erotik-Abseits gestellt und landet unweigerlich auf der berühmt-berüchtigten „Treppe der Ungefickten“. Hierbei handelt es sich um jenen Ort, der in Sichtweite zum Ausgang liegt und auf dem alle im Laufe des Abends erfolglosen Jäger Platz nehmen, um zum Ende der Party doch noch von einer mitleids-gesteuerten Dame unverhofft mitgenommen zu werden. Ergo geht es in diesem Falle nur noch um reine Triebabfuhr ohne Rücksicht auf Verluste bzw. das Appellieren an im Flirt-Geschäft wenig reputationsgeladene Tugenden. Schenken Sie all diesen fragwürdigen Argumenten keinen Glauben, dass man im Leben restlos alles mal ausprobiert haben muss, eben auch diese schandvolle Variante der Partnerfindung. Wer so argumentiert, der leckt auch aus rein geschmacklichem Interesse über den Rand des soeben benutzten Herrenklos auf dem Hamburger Hauptbahnhof.

Äußerst wichtig: Die eigene Kleidungswahl...
Einsatz im Gefecht: Kehren wir nochmal kurz bevor es losgeht zum heutigen Missionsziel zurück. Wie oben bereits geschrieben geht es in dieser Lektion darum, fein säuberlich Freund von Feind zu trennen. Wobei Freund und Feind jetzt nicht mehr wie in Lektion 2 im eigenen geschlechtlichen Lager zu finden sind, sondern auf Seiten der Weiberschar. Als „Freund“ wird hierbei der Typ Frau verstanden, welcher heute Nacht seine sexuellen Wünsche und Neigungen in adäquater Weise mit Ihnen ausleben möchte. „Als „Feind“ hingegen sind diejenigen Mädels zu klassifizieren, welche entweder das Etablissement mit einem platonischen Gesprächskreis verwechseln oder Ihnen bei der Suche nach Typ 1 willentlich in die Parade fahren wollen. Eine urbane Discothek ist in der Regel mit Vertretern beider Grundeinstellungen gespickt, wobei sich die phallus-orientierte Fraktion nochmals in die Parteiflügel „Jäger“ und „Gejagte“ aufteilt (Dazu mehr in Teil 4). Diese Gemengelage macht den anberaumten Hammelsprung etwas kompliziert: Mangels des schon erwähnten eindeutigen heterosexuellen „Hanky-Codes“ erschließen sich dem ungeübten Augen die genauen Unterschiede nicht auf direktem Wege, weswegen im Missionsziel von einer „unklaren Gefechtslage“ gesprochen wurde. Soweit verstanden ? Schön, dann auf in die Schlacht:


Der Kampf heute Abend beginnt nicht mit dem Übertreten der Disco-Türschwelle, sondern bereits einige Stunden früher in Ihrem Bade- respektive Schlafzimmer. Wer im Verlauf der Nacht nachhaltig erfolgreich sein will, muss zwingend ein fundiertes Erscheinungsbild auf den optischen Gabenteller legen können, um bei der Bescherung auch Beachtung zu finden. Das Kunststück aus Lektion 1, mittels einer Unmenge eingeworfener Getränkechips etwaige visuelle Defizite auszugleichen, zieht hier nicht mehr. Urban geprägte Menschen höheren Intellekts werfen zwar pausenlos mit Floskeln zur Toleranz und Anerkennung von abweichenden Normen um sich, wollen dann aber bei der leidigen Fickerei auf den ganz dicken Schlachtkreuzern ins Ruder greifen. Also gilt es vorab, mit einem vertieften Blick in den Kleiderschrank das textile Potential zu eruieren. In jeder Frau steckt schließlich ein auf Kleidung starrender Türsteher, den es unbedingt zu überzeugen gilt rein zu dürfen. Und gerade in einer Großstadt schreit der inoffizielle Dress-Code nach einer überzeugend gehaltenen Balance bei der Style-Ausprägung: Zu dick aufgetragen ist ebenso wenig förderlich wie eine optische Magerkur bei der Abendgarderobe. Wer abseits einer BWL- oder Juraparty im gebügelten Stresemann mit heraushängendem Mundtuch vor den Tresen tritt, wird kaum Aussichten auf eine erfolgreiche Gestaltung des Abends haben. Auf der anderen Seite leisten der Disneyfizierung anheim gefallene Klamotten wie knallbunte T-Shirts mit ideologisch bedenklichen Sprüchen aus dem EMP-Katalog (Marke: „Trübsal ist nicht alles was man blasen kann...“) auch keinen wertvollen Beitrag im Rennen um das weibliche Geschlecht. Eine bis zur moderat sitzenden Relax-Fit-Pant reichende und locker aufgetragene Krawatte hingegen kann das kleidungstechnische Vestibül des style-mässig sattelfesten Party-Gängers sein. Hiermit beweisen Sie einen eloquenten Mix aus juveniler Lässigkeit und adulter Seriosität. 

Thema Schuhe: Schwarz, Weiß, Drei Streifen, Fertig. Ist relativ günstig, klappert nicht und veranschaulicht in subtiler Weise die auch beim anständigem Geschlechtsverkehr nicht unwichtige sportliche Spritzigkeit. Ebenso essentiell: Das Erscheinungsbild des Haupthaares. Sofern vorhanden, sollten Sie hier nicht allzu viel Zeit investieren. Zu viele Geschlechterkollegen werden im Laufe des Abends versuchen, mit ihren aggressiv gegen die Schwerkraft gebutterten Tollen zu punkten. Welch objektiv lachhafter Versuch ! Ihr Pudel darf NIEMALS den Eindruck erwecken, in stundenlanger manueller Feinarbeit und unter tatkräftiger Mithilfe einer extra für Sie von den Bayer-Werken abgestellten Horde Chemie-Laboranten mit Promotion cum Laude mühevoll zusammen gekleistert worden zu sein, sondern muss bei Betrachtung durch die werten Damen diesen für ihre Urteilsfindung allein das Adjektiv „gottgewollt“ entgegenschleudern. Visuelles Talent und empfangenes Frisuren-Gnadentum von höchster spiritueller Stelle obsiegen hier klar gegen zwanghafte Bemühungen. Klingt nicht nach den Maßstäben unserer Leistungsgesellschaft, ist aber kaum zu leugnendes Faktum. 

... und die der Damen
So, jetzt schnell noch einen Schlag Wasser in den Nacken, ein ansprechendes Deodorant unter die Achseln (und bei optimistischer Euphorie auch gerne ein kleines Schüsschen in die Boxershort) und hinein ins Taxi. Dieses Beförderungsmittel sollte eh Ihre mobile Wahl heute Abend sein. Zum einen entfällt so das Aufräumen der eigenen hoffnungslos zugemüllten Karre, zum anderen sieht es im Gegensatz zu Busfahren nicht nach einem Konto jenseits des eingeräumten Dispos aus. Darüber hinaus wollen wir uns als zivilisierte Mitteleuropäer ja auch noch in den nächsten Stunden den ein oder anderen 18er Glenfiddich auf Eis reinstellen. Also bei Ankunft wieder raus aus dem Elfenbein-Brummer, Eintritt zahlen, durch die Eingangspforte hinein ins Glück und schnell in den hinteren Teil des Party-Tempels. Die versammelte Gästeschar rückt hier etwas enger zusammen, was die Sicht naturgemäß eklatant einschränkt und ein gutes Indiz dafür ist, dass hier die Mädels nicht aktiv auf der Lauer liegen. Im Gegenteil tummeln sich in diesem Winkel die Vertreterinnen der Spezies Frau, welche aufgrund einer romantisch-verklärenden Weltanschauung entdeckt und erobert werden wollen. Und Sie sind der hoch zu Ross trabende Ritter, der zur Errettung geschwind heranschreitet ! Schauen Sie sich erst einmal um und lächeln Sie ein wenig in die Runde. Kleidungswahl beachten !!! Alles was sich mit strassbesetzten Klamotten, Schuhen mit kleinen Lederschleifchen oder knalligen Tops mit Tiermotiven (Häschen, Marienkäfer, Iltis) aus dem Haus traut, hört bei Wiedereinkehr in die angemieteten Räumlichkeiten zum Einschlafen die alten Bibi-Blocksberg-Kassetten und ist diskussionslos als Feindobjekt zu identifizieren ! Gleiche Kategorie bei Trägerinnen extrem hochhackigen Schuhwerks, allerdings hier mit anderer Begründung: Diese Damen haben prinzipiell nichts gegen amtliche Liebesspiele, fallen aber davor, danach und gerne auch mal mittendrin aufgrund von exzessivem Rumgezicke aus niederen Beweggründen aus dem Raster. Der ganze Rest kann hingegen zumindest probeweise angesprochen werden. Sobald Ihre Begrüßungsgeste also von einer kleidungsmässig unverfänglichen potentiellen Zielperson zwanglos und freundlich erwidert wird, stellen Sie sich einfach mal dazu. Aller Anfang ist zunächst einmal schwer und niemand würde sich ernsthaft die ersten Satzwechsel des nun folgenden Kennenlern-Gespräches auf MP3 bannen, um sich diese Tonspur wieder und wieder zuhause anzuhören. Also schön locker machen und einfach mal auf die Situation einlassen, solange Ihnen dabei keine Floskeln a la „Na, auch hier“ unterkommen. Allerdings sollte das Niveau der Unterhaltung sukzessive gesteigert werden, um sich nachhaltig interessant zu machen, zu fesseln, zu begeistern ! 
 
Im Prinzip sind Sie schon ziemlich straight auf dem Weg zur Tränke, denn der heißt nun folgerichtig: Labern, labern, labern. Die wichtigste Waffe ist jetzt Ihr Wort und dieses ohnehin in jeder Lebenslage essentielle Kampfgerät sollte am besten vorab per Rhetorikkurs ausreichend geschärft worden sein. Wer im Stande ist, binnen Sekunden einen zugekifften Coffee-Shop mit einer handfesten Sportpalast-Atmosphäre zu belegen, der wird bei Zapfenstreich als unbestreitbarer Sieger vom Feld der Ehre schreiten ! Aber auch hier gilt wie bei der Kleidungswahl die Balance. Vermeiden Sie all dieses esoterische Geblubber, sowie verbale Räucherstächen, welche langfristig die Gehirnwindungen vernebeln ! Sowas interessiert keine (geile) Sau und geschieht auch nur des Redens willen. Und mit so einer Einstellung hätten wir uns gleich bei Bärbel Schäfer reinsetzen können. Richten Sie sich lieber eine argumentative Komfortzone ein, welche in durchaus bunten Farben ausgestaltet ist, dabei aber auch inhaltlich ein wenig schwanger geht: Politik, Frauenfußball oder eine interessante wissenschaftliche Disziplin auf rudimentärer Basis können thematisch optimal das Gesprächsfeld grundieren. Aber übertreiben sie nicht bei der Anbiederung: Wer sich gleich bei der Dialogseröffnung ungefragt als radikaler Humanist, militanter Tierschützer, ehrenamtlicher Essen-Auf-Rädern-Lieferant oder sonstiger altruistischer Fels in der egomanischen Brandung präsentiert, dem blättert schnell die kleidungstechnisch mühsam aufgetragene Pomade der Glaubwürdigkeit ab. Auch bedingungsloser Meinungsinzest wider besseren Wissens ist kaum vertrauenerweckend und damit ebenso wenig ratsam, es sei denn die Auserwählte schläft Abends unter einem goldumrahmten Jürgen-Rüttgers-Portrait ein. 

Nehmen Sie die Frau im Gespräch unbedingt ernst !
Allerdings sollten Sie Ihren Stiefel auf keinen Fall im Autoparlando runterbeten, ist der ausufernde Monolog schließlich die Erkennungsmarke des gelernten Ich-Aktionärs ! Stichwort Zuhören, bzw., um es für Sie nicht allzu schwierig zu gestalten: Ab und an auch mal einfach die Fresse halten. Trotzdem sollte zwischendurch der ein oder andere feminine Wortfetzen aufgeschnappt und verarbeitet werden. Lenken Sie dringend Ihre Aufmerksamkeit darauf, welche begrifflichen Pferde die Dame reitet. Werden Sätze gerne Mal mit den Worten „Mein Ex...“ eingeleitet, gibt es zwei Optionen:
  1. Das Mädel hat ein kurz- bis mittelfristig zurückliegendes Beziehungsdrama noch immer nicht ausreichend verarbeitet, weswegen das abendliche Motto in Bezug auf korrekt verstandener Nächstenliebe „rien ne va plus“ heißt.
  2. Das Mädel hat ein kurz- bis mittelfristig zurückliegendes Beziehungsdrama noch immer nicht ausreichend verarbeitet, weswegen das abendliche Motto in Bezug auf korrekt verstandener Nächstenliebe „ich suche einen Lückenfüller“ heißt.
Option 1 ist der Feind, quasi der Beelzebub für einen Glaubensbruder von unverbindlichen fleischlichen Gelüsten. Option 2 allerdings ist nicht eindeutig in das Freund-Feind-Schema zu pressen: Einerseits ist die Lückenfüller-Position ja nicht zwangsläufig hinderlich, da schließlich niemand heute Nacht noch heiraten möchte. Andererseits können emotionale Flashbacks seitens des weiblichen Parts mitten in verschärften Korpulationsbestrebungen schnell die aphrodisierende Wirkung des erotischen Moments ins Gegenteil verkehren. Genau das sind die Konstellationen, wo jeder schematische Ratgeber versagen muss. Also sind Sie gefragt, hier eine situativ vertretbare Entscheidung zu fällen. 
 
Der absolute Tod-Feind: Tanzendes Weibsvolk
Doch weiter im Text: Nicht jede Frau hat zwangsläufig das Bedürfnis, dem Gegenüber direkt das Schicksal zurückliegender Beziehungen ans Bein zu binden. Sofern die Dame nach geraumer Zeit immer noch keine Anstalten macht, das Gespräch zu beenden, muss zeitnah auf ein Aussiebungsverfahren hingearbeitet werden. Haben wir Freund oder Feind vor uns stehen ? Letzteres ist in jedem Fall gegeben, wenn nach körperlicher Ertüchtigung im taktvollen Gleichmaß des vor sich hin plätschernden Beats gefragt wird. Hüten Sie sich beileibe vor dem maßlosen Gebrauch des Dancefloors ! Allein die Frage, ob man nicht mit aufs Parkett wolle, sollte in einem handelsüblichen maskulinen Ohr klingen wie die Rückkopplung eines Mikrofons über das wuchtige 5.1 Bose-Soundsystem im gleichzeitig von 350 auf 0 bremsenden ICE !!! Mag sein, dass laut diversen empirisch validierten Studien bei Frauen der exzessive Tanz weitläufig als lupenreines Balzverhalten abgebucht wird. Nur droht eine solche Szenerie nur allzu gern Gefahr zu laufen, sich einzig und allein um eben solche rhythmische Bewegungen OHNE gegenseitige Penetration erogener Zonen zu drehen. Der Wiener Opernball ist immer wieder aufs Neue voll mit tanzwütigen Weibern, aber haben Sie in diesem Zusammenhang jemals von einer sich im Anschluss daran wahllos bildende Akkumulation von wolllüstig aufgepeitschten Menschen gehört, welche kollektiv entgegen alter Väter Sitte von allen zivilisatorisch erdachten Hemmungen befreit, mit Gleitmitteln von oben bis unten beschmiert und unterschiedslos die erstbeste Körperöffnung bearbeitend übereinander hergefallen wären ? Und selbst wenn dem in der Praxis tatsächlich so wäre, ist diese Eintrittskarte preislich wohl wenig attraktiv. Deshalb die Faustregel: Wer tanzt, ist Feind AUSRUFEZEICHEN

Konsequenz der 80er-Jahre-Methode
Eine eher positive Beischlaf-Prognose kann hingegen schnell erstellt werden, wenn man nach dem anfänglichen Warmwerden den inhaltlichen Schwerpunkt abrupt auf triebhafte Themen lenkt. Nicht mit der Tür ins Haus fallend, aber durchaus ein wenig plakativ. Keine platten Sprüche, aber zumindest ein bisschen bildhafte Sprache verwendend. Und dabei im Gegensatz zu Lektion 1 immer die oben erwähnte service-orientierte Neigung raus hängen lassen, gerne auch durch Gesten mit Signalwirkung untermalt. Der Basser von Kiss ist schließlich bei Frauen nicht aufgrund seiner Maskerade hoch im Kurs ! Steigt der feminine Konterpart verständnisvoll schmunzelt ins verbale Geschehen ein, hat man ein tragfähiges Fundament gelegt. Unterfüttern Sie den hergestellten atmosphärischen Rahmen durch die Handreichung eines ebenso atmosphärisch stimmigen Trunks (Tipp: Längliches, aber nicht zu konisch ausgestaltetes Behältnis mit ergonomisch geformter Konkav-Welle kurz vor dem obigen Glasabschluß, Inhalt egal) und bereiten Sie sich auf die nächste Etappe vor. Aber Obacht ! Im weiteren Gespräch nicht zu vorschnell abschlußorientiert agieren ! Der Weg ist Ziel, zumindest bis das Ziel in unmittelbarer Sichtweite ist. Dementsprechend kann ein solches Vorgehen ruhig mal ein paar Minuten dauern, wenn sie nur zielgerichtet linear-progressiven durch weiteres Einstreuen doppeldeutiger und später unverkennbar eindeutige Begriffe auf die Eskalation hinarbeiten. Stehen die Zeichen jetzt immer noch auf Sturm, sollte über den Wechsel in die nächste Phase nachgedacht werden.

Halten Sie sich beim angezeigten Phasenwechsel allerdings nicht mit den abgegriffenen Flirt-Gebaren der 80er Jahre auf ! Zu Zeiten der ersten Generation von Modern Talking war der direkte Handgriff an das Heck einer Dame sicherlich ein probates, wenn auch risikofreudiges Mittel der forcierten Ergebniskontrolle nach umfangreicher Umgarnung: Entweder man kassierte postwendend die Schelle und hatte Unmengen Cocktails für nichts ausgegeben, oder das Objekt der Begierde sprang auf diese schlüpfrige Nummer direkt an und riss freudestrahlend die Beine auseinander. Da wir aber mittlerweile im 21. Jahrhundert angekommen sind, hat die breite Masse des femininen Geschlechts zumindest mal oberflächlich in der „Emma“ geblättert und einen durch das kommunale Gleichstellungsreferat subventionierten Selbstverteidigungskurs belegt ! Deshalb handeln Sie sich heutzutage mit einer solchen Aktion in Tresenweite unweigerlich einen komplizierten Nasenbeinbruch nebst Kurzurlaub in der Zelle aufgrund unzüchtigen Verhaltens ein. Egal wie asynchron die Sympathien vorher zu Ihren Gunsten verteilt waren.

Ergo muss anders ans Werk gegangen werden. Ein vorab erfolgter Blick in die Bibliographie von Heinz Sielmann sollte dabei zur Erkennung der Lage nicht hinderlich sein. Schließlich ist der Mensch lediglich ein zur Selbstreflexion fähiges Tier, bei dem die animalischen Grundfunktionen immer noch erstaunlich gut intakt sind: Wird Ihnen seitens der potentiellen Gespielin in spe eine laszive Willigkeit angezeigt, welche aber durch eine zögerliche Natur gebremst wird, passen Sie Ihren Schlachtplan einfach an die vorgefundene Situation an. Die Frau ist ein Rudeltier, dass gilt um so mehr, je unsicherer sie agiert. Nur ungern löst sie sich von ihrer Gruppe, die ihr Sicherheit und Geborgenheit verspricht. Egal wie ansprechend Ihr Auftritt auf sie wirkt. Problem ist, dass sie in diesem Fall umringt wird von unzähligen sie neidvoll beäugenden Freundinnen, die ihr permanent im Ohr liegen und alles daran setzten, Ihnen verbale Stöckchen in die Speichen zu stecken. Hierbei haben wir es mit einer negativen Spezies der bereits bekannten „Flüsterinnen“ (siehe Stufe 1) zu tun: Diese mit dem Zielobjekt emotional verbundenen Personen sind nicht wie bisher gewohnt in Ihrem Sinne instrumentalisierbar, sondern verhalten sich auf Ihrer Pirsch so wie eine Meute PETA-Aktivisten auf einer royalistischen Treibjagd. Heißt: Sie werden topfschlagend durch das kognitive Unterholz ihrer Freundin rennen und jeden lüsternen Gedanken aufzuschrecken versuchen. Hier hilft dann nur noch die Neandertaler-Taktik: Das Beutetier muss von der Herde weggelockt und dann erlegt werden.

Beziehen Sie unvorbereitete Menschen in Ihr Spiel mit ein
Dazu hilft der folgende symbiotisch ausgestaltete Kniff: Sie haben doch tatsächlich dort hinten gerade einen alten Kollegen aus Schulzeiten gesichtet, mit welchem Sie kurz mal ein Bier trinken müssten. „Wenn de Bock hast, kannste ja gleich dazu stoßen.“ Damit ist beiden Seiten enorm geholfen: Sie signalisieren einerseits ihr durch die Blume, dass großes Interesse an weiteren nächtlichen Aktivitäten über diesen Discobesuch hinaus besteht. Damit weiß die Dame ziemlich genau woran sie ist. Andererseits erwächst aus dieser Maßnahme auf Ihrer Habenseite eine exakte Evaluation Ihrer Anziehungskraft: Wird Ihnen wirklich nach ein paar Minuten unauffällig gefolgt, waren Ihre bisherigen Bemühungen von Erfolg gekrönt. Ansonsten sind sie stundenlang einem „Feind“ aufgesessen. Wäre sicher ärgerlich, hätte aber wiederum pädagogischen Effekt für den nächsten Versuch. Sie merken sicherlich schnell den Unterschied zwischen den ersten beiden Lektionen und der hier vorliegenden Stufe: In der Ü-30-Disko wie in der Sky-Sports-Bar gebärdeten sich die dort ansässigen, eher niveau-ungebundenen Frauen vornehmlich wie Hunde: Vollends dressiert, im Verhalten von äußerster Prädiktion getragen und nicht vom Fuße weichend. Heute Abend aber haben wir es mehrheitlich mit selbstbewussten Katzen zu tun, die vollständig auf eigene Rechnung handeln und deren Sympathie man sich aufwendig erarbeiten muss, will man ihren Nacken kraulen dürfen. Der Ausgang des Disko-Besuches ist zu diesem Zeitpunkt also immer noch völlig ergebnisoffen und kaum vorherzusehen. Allerdings haben Sie vorab alle Kleidungsregeln beachtet, in unklarer Gefechtslage den „Freund“ erkannt und sind anschließend umsichtig vorgegangen. Was soll jetzt noch schief gehen ?

Aber gut, vergessen wir nicht, kurz vor dem erhofften Ende den finalen Schritt auszuführen. Stellen Sie sich also kurz zu irgendeinem unbekannten Typen, der optisch nicht zu sehr aus dem Rahmen fällt (denn die umstehenden Bekannten sagen ja immer auch was über einen selbst aus), aber andersrum auch nicht das Potential besitzt, im angebrochenen Endstadium Ihre aufkeimende Saat als Ernte einzufahren. Augenblickliches Pokern ist hier angezeigt, schließlich begegnet man sich zum ersten Mal, muss aber auf alten Bekannten machen. „Bist du nicht ? Oh, bist du nicht ? Aber du warst doch auch auf der ? Nein ? Wahnsinn, ich hätte schwören können... Du siehst echt genauso aus wie er. Sachen gibt’s...“ Dieser reichlich dämlich anmutende, aber dennoch sehr effektive Einstieg reicht völlig, um für 2,3 Minuten einen lauwarmen Dialog über Verwechslungen aufrecht zu halten. Dann streift Ihnen von hinten auch schon zärtlich eine Hand über den Rücken, während das ersehnte Gesicht erscheint, sich Ihrem Ohr nähert und mit Schlafzimmerblick flüsternd fragt: „Zu mir oder zu dir ?“ Natürlich zu Ihnen. Die gestern frisch gekaufte und feierlich aufs Lattenrost genagelte Dunlopillo will schließlich vor Ablauf der Garantie einem umfangreichen Stresstest unterzogen werden. Ach ne, der Lange hat ja heute morgen nach dem post-komatösen Eieressen noch minutenlang hinter die Heizung gekotzt, welche Sie eigentlich wegen der penetranten Geruchsentwicklung auch noch vor dem Weggehen etwas runterdrehen wollten. „Lass ma zu dir, ich find grad meinen Schlüssel nicht...“ Glückwunsch, Sie wurden befördert !

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